Juristische Unterstützung mit Kompetenz: Das Berufsbild Paralegal
Wer zum ersten Mal den Begriff Paralegal hört, runzelt meist die Stirn. Was steckt dahinter? Viele wissen schlicht nicht, dass sich hinter dem Wort ein eigenständiger juristischer Beruf verbirgt. Kein Wunder, denn der Begriff ist noch jung im Schweizer Kontext und wird in der Praxis oft falsch verwendet. In Stellenanzeigen taucht er regelmässig dort auf, wo eigentlich eine klassische Assistenz gesucht wird. Dabei leisten Paralegals weit mehr als administrative Unterstützung. Sie übernehmen rechtlich geprägte Aufgaben, die zwischen juristischer Fachkompetenz und organisatorischer Umsetzung liegen.
In den USA ist die Rolle längst etabliert. Erin Brockovich, weltbekannt durch den gleichnamigen Film, ist wohl das prominenteste Beispiel für eine Paralegal, auch wenn sie formal nie juristisch ausgebildet wurde. In der Schweiz hingegen war das Berufsbild lange unscharf. Das hat sich geändert. Mit dem eidgenössischen Fachausweis Paralegal gibt es nun eine offizielle, standardisierte Qualifikation. Das sorgt für mehr Klarheit für Fachleute, aber auch für Arbeitgeber.
Paralegals übernehmen eine breite Palette juristischer Tätigkeiten. Dazu gehört zum Beispiel das Erstellen von einfachen rechtlichen Schreiben, das Einreichen von Markenanmeldungen, die Verantwortung des Corporate Housekeeping in Unternehmensgruppen oder die Bearbeitung von Eingaben an Behörden. In vielen Fällen arbeiten sie eng mit Anwältinnen und Anwälten zusammen, oft aber auch selbständig innerhalb klarer Zuständigkeiten. Ihre Aufgabe ist es, rechtliche Informationen strukturiert aufzubereiten, Gesetzestexte und Rechtsprechung zu recherchieren und Sachverhalte präzise zu dokumentieren. Dabei bringen sie nicht nur juristisches Verständnis mit, sondern auch organisatorisches Talent und ein gutes Gespür für Prozesse.
Der neue Fachausweis legt erstmals schweizweit verbindlich fest, was ein Paralegal kann und darf. Die geprüften Kompetenzen umfassen sechs konkrete Arbeitsprozesse, darunter Fristenmanagement, juristische Recherche, das Verfassen und Finalisieren von Schriftstücken sowie Aufgaben im Bereich Compliance oder interner Projektarbeit. Für die Zulassung zur Prüfung braucht es eine entsprechende Ausbildung und mehrere Jahre Berufserfahrung im juristischen Umfeld. Die Prüfung besteht aus einer schriftlichen Fallbearbeitung, einem Fachgespräch und einer simulierten Gesprächssituation im Rollenspiel. Wer besteht, erhält einen staatlich anerkannten Fachausweis – ein starkes Signal an Arbeitgeber.
Gerade in Unternehmen, die über keine eigene Rechtsabteilung verfügen, kann ein qualifizierter Paralegal den Unterschied machen. Nicht, weil er oder sie Aufgaben von Anwältinnen und Anwälten übernimmt, sondern weil viele rechtliche Arbeiten auch ohne Anwaltszulassung effizient und professionell gelöst werden können. Unternehmen, die diese Rolle richtig einsetzen, entlasten ihr Team, senken externe Beratungskosten und gewinnen an juristischer Handlungssicherheit im Alltag.
Die neue Strukturierung des Berufsbilds bringt auch für Stellenausschreibungen Klarheit. Wer heute einen Paralegal mit Fachausweis einstellt, weiss, welche Fähigkeiten er erwarten kann. Und wer diesen Titel trägt, kann sich gezielt positionieren, unabhängig davon, ob er in einer Kanzlei, bei einer Versicherung oder in der Compliance-Abteilung eines Industrieunternehmens arbeitet.
Der Beruf des Paralegal ist mehr als ein Zwischenglied im Rechtsapparat. Er ist eigenständig, praxisnah und fachlich fundiert. Der neue Fachausweis schafft dafür endlich die Grundlage, um das Potenzial dieses Berufs sichtbar zu machen und gezielt zu nutzen.